Kann eine Low-Carb-Diät zu Ess-Störungen führen?

Essen – ein Vergnügen: es nährt den Körper und die Seele, macht Freude, ist ein Genuss, kann zu einem gesellschaftlichen Highlight werden.
Essen – eine Qual: Heisshunger, die Gier nach mehr, unübersehbare Folgen. Äusserlich in ausufernder Gewichtszunahme. Innerlich in pathologischen Blutwerten, frühzeitiger Gelenkabnutzung.
Essen – ein Kampf: gegen den inneren „Schweinehund“, gegen das natürliche Hungergefühl. Immer der Zensor im Hinterkopf: das war zuviel, das war zu fett, das war zu kalorienreich, das war zu wenig, das gehört nicht zu Deinem Tagesplan…

Überwiegend Frauen sind betroffen von Ess-Störungen. Aber leider holen auch die Männer auf. Wie bei den Kosmetikprodukten und Schönheits-OP’s. Der allgemeine Druck wächst und kaum jemand ist mit seinem Äusseren noch ganz zufrieden.

An was sich am schnellsten „drehen“ lässt, ist das Körpergewicht. Hätt‘ ich doch bloss ein paar Kilo weniger, wäre alles viel einfacher.

Okay, eine Diät muss her. Besonders Frauenzeitschriften sind voll von Anregungen, mit welcher Diät es sich völlig unkompliziert und ohne Verzicht (läuten hier nicht eigentlich schon die Alarmglocken?) ganz schnell 3 – 30kg abnehmen lässt…
Und Uschi aus der Buchhaltung hat da einen eigentlich geheimen Plan der Stars aus dem Internet heruntergeladen. Mal sehen, ob das funktioniert!

Und schon geht es los: messen, wiegen, rechnen. Die berüchtigten Do’s und Dont’s. Die Liste: streng verboten, auf der sich üblicherweise alle Leckereien befinden, die der Seele so gut tun. Und die unsere Alltagsernährung oft ausmacht. Und dann gibt es noch die Liste: erlaubt oder empfohlen.

Liest sich wirklich spannend: Magerquark mit ganz, ganz wenig Fett. Obst, Gemüse, Mineralwasser, Kräutertee, Hühnerbrust in Aspik (viel Aspik, wenig Hühnerbrust), Reis – am besten ohne Salz und ohne Fett, Vollkornspaghetti. Man bekommt so richtig Appetit ;-)

Aber die Pfunde sollen ja runter, ein paar Opfer muss man wohl bringen für eine Diät ohne Verzicht!!! Wenn man sich am 3. Tag wieder vor seinen rohen Zucchini mit Joghurtdip vorfindet, während der Rest der Familie sich genüsslich über eine dampfende Schinken-Käse-Pizza hermacht, können schon leichte Zweifel aufkommen.
Der leckere Apfel mag ja wirklich gesund sein, aber als Ersatz für die Schwarzwälder Kirschtorte, die es zu Oma’s Geburtstag gibt, ist er nur bedingt geeignet…

Tja, und an Weihnachten, mit den köstlich duftenden Plätzchen, die man sich üblicherweise nur im Dezember gönnt, mag das kalorienarme und fettreie Magenbrot nicht mehr wirklich schmecken.
Irgendwann ist genug Verzicht geleistet. Weg mit dem Knäckebrot mit einem Tl. Halbfettmargarine und dem kalorienreduzierten Fruchtaufstrich.

Heute müssen es 2 Crossaints sein. Und einige Scheiben warmer, knuspriger Toast mit zerfliessender Butter. Und ein knackiges Sonntagsbrötchen mit dem würzigen Vollfettkäse passt vielleicht auch noch rein.

Unweigerlich: oh je, was habe ich getan? Das war verkehrt und ungesund und bringt meine Pläne ins Wanken. Ich sollte doch eigentlich… Ach egal, jetzt hab‘ ich schon gesündigt. Dann ist der heutige Tag sowieso schon gelaufen. Ich gönn‘ mir jetzt alles was ich mag (und ich mag sehr viel – ich verzichte ja schon seit Wochen!!!) und fange am Montag wieder an.

So, oder so ähnlich kann eine Ess-Störung beginnen und ein fürchterliches Ende nehmen…

Kann das auch mit einer Low-Carb-Diät passieren? Ja, natürlich – denn Ess-Störungen sind keine Frage der Diät-Art, die man einhält, sondern des ausgelösten Mechanismusses, der meist mit Fasten und anschliessendem Überessen beginnt.

Der wichtigste Rat, den eigentlich alle „Low-Carb-Päpste“ geben, sollte unbedingt beherzigt werden: essen Sie, wenn Sie Hunger haben – hungern Sie auf keinen Fall, denn das führt mit grosser Wahrscheinlichkeit zu grossen Schwierigkeiten.

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